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Bluttest-Skandal am Uniklinikum Heidelberg

Führungsversagen, Machtmissbrauch, Eitelkeit“

Ein Bluttest, der früh Brustkrebs erkennt und bald in die Praxen kommt: Damit warb die Uniklinik Heidelberg. Tatsächlich existierte – wenn überhaupt – nur ein Prototyp. Eine Untersuchungskommission findet klare Worte.

Eine ganze Reihe von Versäumnissen hat laut einer Untersuchungskommission dazu geführt, dass an der Uniklinik Heidelberg ein möglicher Brustkrebs-Bluttest viel zu früh vorgestellt wurde. Einer der Vorsitzenden der externen Kommission, der Präsident der Leibniz-Gemeinschaft Matthias Kleiner, sprach am Dienstag von „Führungsversagen, Machtmissbrauch und Eitelkeit“ in der Klinik.

Der Chef der Frauenklinik, Christof Sohn, hatte den Test im Februar bei einer groß angelegten Kampagne der Öffentlichkeit präsentiert. Das Versprechen: Brustkrebs könnte schon bald durch eine Blutuntersuchung in einem frühen Stadium erkannt werden. Beworben wurde der Test als „Meilenstein“. Kritiker warfen ihm anschließend vor, angesichts einer fehlenden wissenschaftlichen Veröffentlichung und hoher Fehlerquoten falsche Erwartungen zu wecken.

„Sohn wusste von der mangelnden Validität der Testergebnisse“

„Die Vorstellung der Bluttests im Rahmen einer Pressekonferenz und breit angelegten Pressekampagne im Februar 2019 erfolgte zu früh – es gab keine hinreichende Anzahl an untersuchten Proben, keine abgeschlossene klinische Studie, keine einschlägige Publikation in einem wissenschaftlichen Fachjournal (mit Peer Review), dafür Boulevard und bunte Blätter statt seriöser Wissenschaftskommunikation, auch die Erkenntnisgenauigkeit war nicht ausreichend“, heißt es in einer Mitteilung zum Zwischenbericht.

Falsch verstandene Wissenschaftsfreiheit auf der übergeordneten Ebene habe dazu geführt, dass niemand die Pressekonferenz und Pressekampagne verhindert habe. Mehrere Beteiligte hätten Sohn vor der Pressekonferenz vor der frühzeitigen Veröffentlichung gewarnt.

„Sohn wusste von der mangelnden Validität der Testergebnisse“, sagte die ehemalige Bundesverfassungsrichterin Christine Hohmann-Dennhardt, ebenfalls Vorsitzende der Kommission. „Die öffentliche Vorstellung des Bluttests erfolgte erkennbar zu früh.“ Bei einem Drittel der krebskranken Frauen sei mit dem Bluttest Krebs nicht erkannt worden und umgekehrt wurde bei einem Drittel gesunder Frauen fehlerhaft Krebs erkannt, sagte Kleiner. „Das ist ein dramatisch hoher Anteil.“

Die vom Aufsichtsrat der Uniklinik einberufene Kommission soll etwaiges Fehlverhalten bei dem Verfahren aufdecken und Empfehlungen abgeben, um dieses künftig zu vermeiden. Die Kommission habe 17 Gespräche mit Beteiligten geführt und 10.000 Seiten Dokumentation gesichtet. Einige Gespräche stehen jedoch noch aus, deshalb ist eine abschließende Beurteilung noch nicht möglich.

Ruf der Uniklinik hat Schaden genommen

Die Vorsitzende des Aufsichtsrats der Uniklinik, Simone Schwanitz, kündigte weitere Beratungen an. Welche Konsequenzen gezogen werden, könne sie jetzt noch nicht sagen. Schwanitz betonte die Verantwortung für die fast 11.000 Mitarbeiter.

„Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eine der leistungsfähigsten und forschungsstärksten Kliniken in Deutschland. Die Forschungsergebnisse setzen weltweit Maßstäbe.“ Der Ruf habe durch den voreilig angekündigten Bluttest Schaden genommen. „Wir werden alles daransetzen, dass dies ein einmaliger Vorgang bleibt“, sagte Schwanitz. Noch gibt es keinen Termin für den Abschlussbericht der Kommission.

Eine interne Senatskommission der Universität legte am Dienstag ebenfalls einen Zwischenbericht vor. Seit Beginn der Forschung an dem Bluttest gebe es fortlaufend fachlich-wissenschaftliche Mängel, heißt es darin. Rechtliche Konsequenzen würden geprüft. Auch die Staatsanwaltschaft Mannheim befasst sich mit den Vorgängen.

irb/dpa : Quelle: Spiegel Online , Dienstag, den 16.07.2019   17:56 Uhr