29. Oktober 2015
USA: Krebsgesellschaft für weniger Mammographien und gegen klinische Brustuntersuchung im Screening
Mittwoch, 21. Oktober 2015
dpa
Washington – Die American Cancer Society, bisher ein wichtiger Befürworter einer intensiven Brustkrebsfrüherkennung, hat ihre Empfehlungen abgeschwächt. Die US-Onkologen raten im US-amerikanischen Ärzteblatt (JAMA 2015; 314: 1599-1614) zu einem späteren Beginn und nach den Wechseljahren zu zweijährigen Intervallen. Sie lehnen zudem klinische Brustuntersuchungen zur Früherkennung ab. Die Begründungen liefert eine systematische Übersicht (JAMA 2015; 314: 1615-1634) sowie eine Kohortenstudie in JAMA Oncology (2015. doi:10.1001/jamaoncol.2015.3084).
In ihrer letzten Leitlinie aus dem Jahr 2003 hatte die American Cancer Society noch allen Frauen ab 40 Jahren zur jährlichen Mammographie geraten. Diese sollten solange wiederholt werden, wie sich die Frauen in guter Gesundheit befinden. Bis zum 74. Lebensjahr hätte dies zu 35 Mammographien geführt. Die neue Leitlinie rät jetzt ab dem 45. Lebensjahr zu einer Mammographie, die bis zum 54. Lebensjahr jährlich und danach alle zwei Jahre wiederholt werden sollte. Dies ergibt bis zum 74. Lebensjahr insgesamt 20 Untersuchungen. Die Empfehlungen der U.S. Preventive Services Task Force, die in diesem Jahr allen Frauen im Alter von 50 bis 74 Jahren alle 2 Jahre eine Mammographie nahe legte, sind es nur 13 Mammographien.
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Die klinische Brustuntersuchung, zu der die American Cancer Society zuletzt noch „regelmäßig“ ab dem 20. Lebensjahr und ab dem 40. Lebensjahr jährlich geraten hatte, ist in der neuen Leitlinie entfallen. Die Begründung geben Evan Myers vom Duke Clinical Research Institute in Durham und Mitarbeiter in einer systematischen Übersicht. Danach führt die klinische Brustuntersuchung, wenn sie zusätzlich zur Mammographie angeboten wird, nur zur Diagnose von 0,4 zusätzlichen invasiven Mammakarzinomen pro 1.000 Frauen.
Sie verursacht in dieser Gruppe aber gleichzeitig 20,7 falsch positive Befunde. Da ein günstiger Einfluss auf die Brustkrebssterblichkeit in Studien nicht erkennbar war, hält die American Cancer Society die klinische Brustuntersuchung als Screening-Instrument nicht für evidentbasiert – was allerdings nicht bedeutet, das einem positiven Tastbefund nicht nachgegangen werden sollte.
Die meisten Brustkrebserkrankungen treten erst nach der Menopause auf. Deshalb ist die Zahl der Frauen, die am Mammographie-Screening teilnehmen müssen, um einen vorzeitigen Todesfall zu verhindern (Number Needed to Screen, NNS) bei jüngeren Frauen höher: Myers beziffert sie in der Altersgruppe von 40 bis 49 Jahren mit 2449. In der Altersgruppe von 50 bis 59 Jahren sind es noch 1503 Frauen und in der Altersgruppe von 60 bis 69 Jahren noch 1156 Frauen. Diese Zahlen beziehen sich auf eine Reduktion der Sterblichkeit um 15 Prozent. Würde die Sterblichkeit um 40 Prozent gesenkt, wären die NNS in den drei Altersgruppen deutlich niedriger (753, 463 und 355 laut der Berechnungen von Myers) und der Nutzen des Mammographie-Screenings entsprechend höher.
Der wichtigste Nachteil des Mammographie-Screenings ist – neben dem nicht bezifferten Strahlenrisiko – die Gefahr einer Überdiagnose von Tumoren, die nicht zum Tode führen und ohne die Mammographie nicht entdeckt würden. Wie diese Überdiagnose gemessen werden kann, ist derzeit umstritten. Myers beziffert das kumulative 10-Jahres-Risiko eines falsch-positiven Biopsieergebnisses bei einem jährlichen Mammographie-Screening ab 40 Jahren mit 7,0 Prozent (6,1-7,8 Prozent). Bei einem zweijährigen Intervall liegt es bei 4,8 Prozent (4,4-5,2 Prozent).