29. Oktober 2015
Praxis täglich | 21.10.2015
MRT, Mammographie und Biopsie
Neue Möglichkeiten bei der Brustkrebs-Vorsorge
Brustkrebs – allein schon das Wort lässt viele Frauen zusammenzucken. Jedes Jahr sterben hier in Deutschland etwa 17.500 Frauen, 70.000 erkranken neu. 2009 wurde bundesweit nach Vorbildern wie den Niederlanden das Mammographie-Screening eingeführt, mit dem Ziel, die hohe Sterbeziffer zu senken. Eingeladen werden im Zwei-Jahres-Rhythmus alle gesetzlich versicherten Frauen zwischen 50 und 69 Jahren. Denn dieses Alter gilt als Hauptrisikospanne für Brustkrebs. Aber nur rund die Hälfte (53 bis 56 Prozent) der eingeladenen Frauen entscheidet sich für eine Mammographie. Denn diese Art der Vorsorgeuntersuchung hat nicht nur Befürworter – zumal eine Alternative in Sicht scheint.
Seit 2009 ist das Mammographie-Screening fester Bestandteil der Brustkrebsvorsorge. Doch die Untersuchungsmethode hat nicht nur Befürworter.
(21.10.2015)
Doktor Hans Junkermann von der Universitätsfrauenklinik Heidelberg erklärt, warum das Mammographie-Screening umstritten ist. „Weil das Mammakarzinom im Durchschnitt relativ langsam wächst, dauert es Jahre, bis man es nachweisen kann. Im Moment laufen Untersuchungen, um nachzuweisen, dass tatsächlich durch die Einführung des Mammographie-Screenings auch die Sterblichkeit am Mammakarzinom gesunken ist. Denn das können wir bisher noch nicht nachweisen.“
Nicht alle Geschwulste gefährlich
Im Umkehrschluss hieße das, dass eine vor sechs Jahren eingeführte Vorsorge-Untersuchungsmethode bis heute den Beweis schuldig geblieben ist, tatsächlich sinnvoll zu sein. Belegt ist bislang nur, dass Brustkrebs durch das Screening häufiger in frühen Stadien entdeckt wird. Mit dem Vorteil, dass er mit weniger Nebenwirkungen behandelt werden kann – beispielsweise weil keine Chemotherapie nötig wird und unter Umständen brusterhaltend operiert werden kann.
Allerdings werden auch Tumore entdeckt, die den Frauen zu Lebzeiten vermutlich keine Probleme bereiten würden. Junkermann erklärt: „Die besten Zahlen heute sagen, dass ungefähr 30 Prozent der im Mammografie-Screening entdeckten Karzinomen nicht während der Lebenszeit zu Beschwerden geführt hätten – und ohne Früherkennungsmaßnahme deshalb nicht erkannt worden wären.“ Für fast jede dritte Frau besteht also das Risiko, durch das Mammographie-Screening mit einem gesundheitlich unbedenklichen Befund belastet zu werden.
Keine Behandlung, keine Belastung
Wie diese Belastung aussehen kann, beschreibt Dr. Susanne Weg-Remers vom Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) Heidelberg: „Da wir nach heutigem Stand nicht wissen, welcher der so früh entdeckten Tumoren sich weiter entwickelt, und welcher still bleibt und sich nicht weiter entwickelt, werden all diese Frauen wie Krebspatienten behandelt. Das heißt, sie bekommen eine Operation, unter Umständen Strahlentherapie und Chemotherapie, oftmals auch noch eine antihormonelle Therapie. Dies ist einfach eine immense Belastung, wenn es möglicherweise nicht notwendig gewesen wäre.“
MRT-Aufnahme der Brüste (Quelle: imago)
Wie aber könnten unnötige Belastungen für Frauen reduziert werden? Forscher am DKFZ arbeiten daran, verdächtige Befunde aus dem Mammographie-Screening besser in gut- und bösartig zu unterscheiden. Bislang ist dies nur mit einer Biopsie möglich – einer Gewebeentnahme. Geprüft wird jetzt, ob mit einer speziell entwickelten MRT-Untersuchung unnötige Biopsien künftig vermieden werden können. Denn: Nur bei jedem zweiten auffälligen Befund im Mammographie-Screening bestätigt die Gewebeuntersuchung, dass der Tumor bösartig ist.
MRT vor Biopsie
Erste Ergebnisse der Studie zu dieser zusätzlichen MRT-Untersuchung sind vielversprechend. Vielleicht könnte so schon vor einer Gewebeentnahme festgestellt werden, welche Brustveränderungen gut- und welche tatsächlich bösartig sind.
Prof. Dr. Heinz-Peter Schlemmer ist Radiologe und Physiker am Krebsforschungszentrum Heidelberg. Er erklärt: „Wir konnten in der Studie zeigen, dass die Trennschärfe gegenüber der konventionellen Mammographie sehr erhöht werden kann. Während wir beim Mammographie-Screening ungefähr 50 Prozent falsch positive Befunde haben, gehen wir hier runter auf ungefähr fünf Prozent. Das ist ein signifikanter Unterschied. Dies wird jetzt weiter getestet, die Studien laufen weiter. Wir werden dies nun an noch größeren Patientenzahlen untersuchen, und prüfen, inwiefern sich diese Zahlen weiter bewahrheiten werden.“ Allerdings: Bis Frauen das neue Diagnose-Verfahren in Anspruch nehmen können, wird es noch einige Zeit dauern. Bis dahin bleibt ihnen die Möglichkeit des Mammographie-Screenings – mit allen Vor- und Nachteilen.
.21.10.2015
http://www.zdf.de/volle-kanne/brustkrebs-vorsorge-mrt-mammographie-und-biopsie-40619718.html